Forschende haben ein Modell künstlicher Intelligenz namens popEVE entwickelt. Dieses Werkzeug kann krankheitsverursachende Genmutationen in menschlichen Proteinen identifizieren. Ziel der Forschung ist es, die Effizienz und Genauigkeit der Diagnose seltener genetischer Erkrankungen zu verbessern.

Das popEVE-Modell integriert evolutionäre Daten verschiedener Spezies mit Informationen zur genetischen Variation der menschlichen Bevölkerung, um die Auswirkungen verschiedener Mutationsstellen auf die Funktion von etwa 20.000 menschlichen Proteinen zu bewerten. Dadurch kann das Modell nicht nur das potenzielle Schadenspotenzial von Mutationen bestimmen, sondern auch deren Schweregrad einstufen. Die entsprechenden Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift *Nature Genetics* veröffentlicht.
Aktuell erhält etwa die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen keine eindeutige Diagnose. Der Vorteil des Modells liegt darin, dass es ausschließlich mit den genetischen Informationen der Patientinnen und Patienten arbeitet und somit ein praktisches Werkzeug für Situationen mit begrenzten medizinischen Ressourcen darstellt. Dr. Mafalda Diaz, Forscherin am Zentrum für Genomregulation und Koautorin der Studie, erklärte: „popEVE kann Ärzten helfen, krankheitsverursachende Mutationen zu identifizieren, und das haben wir bereits in unserer Zusammenarbeit mit Kliniken beobachtet.“ Genmutationen, insbesondere Missense-Mutationen, die die Aminosäuresequenz von Proteinen verändern, haben unterschiedliche Auswirkungen. Die Unterscheidung zwischen schädlichen und gutartigen Mutationen stellt eine Herausforderung in der medizinischen Diagnostik dar. popEVE, eine Weiterentwicklung des Vorgängermodells EVE, integriert Informationen aus großen Bevölkerungsdatenbanken wie der UK Biobank zur Kalibrierung und ermöglicht so einen genetischen Vergleich sowie die Einstufung des Schweregrades verschiedener Mutationen im menschlichen Proteom.
In einer Validierungsanalyse von über 31.000 Familien mit Kindern, die an schweren Entwicklungsstörungen leiden, identifizierte popEVE in der überwiegenden Mehrheit der bekannten Fälle pathogene Mutationen korrekt als die schädlichsten Varianten im Genom. Das Modell entdeckte zudem über 100 neue Kandidatengene, die bisher nicht mit Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht wurden.
Das Forschungsteam hebt hervor, dass das Modelldesign dazu beiträgt, potenzielle Verzerrungen durch die ungleiche Repräsentation von Bevölkerungsgruppen in Gendatenbanken zu reduzieren. Dr. Jonathan Fraser, Forscher am Centre for Genome Regulation und einer der Koautoren, erklärte: „Niemand sollte schlechte Ergebnisse erhalten, nur weil seine Bevölkerungsgruppe in globalen Datenbanken nicht ausreichend repräsentiert ist. popEVE hilft, dieses Ungleichgewicht zu beheben.“
Die Forscher betonen, dass popEVE derzeit primär zur Interpretation von DNA-Variationen eingesetzt wird, die Proteinveränderungen verursachen, und nicht alle Mutationstypen abdeckt. Dieses Tool soll die klinische Beurteilung unterstützen, nicht ersetzen; eine umfassende Untersuchung durch Ärzte bleibt für die Diagnose seltener genetischer Erkrankungen unerlässlich.
Weitere Informationen: Proteomic models of human disease genetics, *Nature Genetics* (2025). Zeitschrifteninformationen: *Nature Genetics*
















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