Medienprofessor Petter Bae Brandtzæg weist darauf hin, dass die bemerkenswerte Fähigkeit von KI, Ideen zu entwickeln und auszudrücken, das menschliche Urteilsvermögen und kritische Denken schwächt. Die Chatbot-Technologie GPT, vor drei Jahren noch weitgehend unbekannt, wird mittlerweile von 800 Millionen Menschen genutzt – ihre rasante Verbreitung wird zur neuen Normalität. Viele KI-Forscher, darunter auch Brandtzæg, befürchten, dass sie das menschliche Denken, Lesen und Schreiben beeinträchtigen wird.

Das Projekt „KI-gesteuerte Gesellschaft“, eine Kooperation zwischen der Universität Oslo und dem Norwegischen Institut für Wissenschaft, Technologie und Industrie (NIST), ist Norwegens erstes Projekt, das generative KI und ihre Auswirkungen auf Nutzer und Öffentlichkeit untersucht. Brandtzæg ist der Ansicht, dass der Bericht der norwegischen Kommission für Meinungsfreiheit aus dem Jahr 2022 die sozialen Auswirkungen generativer KI nicht ausreichend berücksichtigt hat. Studien zeigen, dass KI Sprache, Denken, Weltverständnis und moralisches Urteilsvermögen beeinflusst.
Forscher schlagen das Konzept des „KI-Individualismus“ vor, das auf dem Rahmenwerk des „Cyber-Individualismus“ aufbaut. KI verwischt die Grenzen zwischen Mensch und System, indem sie menschliche Rollen übernimmt und persönliche, soziale und emotionale Bedürfnisse erfüllt. Brandtzag argumentiert, dass dies den Individualismus verstärkt, Gemeinschaftsbindungen schwächt und zentrale soziale Strukturen verändert.
Das Projekt basiert auf mehreren Umfragen. Eine Umfrage unter 166 Oberstufenschülern ergab, dass diese glaubten, KI könne Fragen direkt beantworten und Trost und Rat spenden. Ein weiteres verblindetes Online-Experiment zeigte, dass viele Menschen eher dazu neigten, bei psychischen Problemen Antworten von Chatbots zu suchen.
Brandtzag schlägt außerdem die Theorie der „Modellmacht“ vor und argumentiert, dass die Modellierungsfähigkeiten sozialer KI zu Modellmonopolen führen und menschliche Überzeugungen und Verhaltensweisen beeinflussen könnten. Eine Umfrage der norwegischen Kommunikationsbehörde ergab, dass 91 % der Norweger besorgt darüber sind, dass KI-Dienste Fehlinformationen verbreiten. Obwohl sie behaupten, kritisch zu sein, befolgen die Menschen dennoch KI-Ratschläge, was deren Modellierungsmacht unterstreicht. Da viele KI-Unternehmen ihren Hauptsitz in den USA haben und auf riesigen Mengen US-amerikanischer Daten basieren, könnte dies die Werte, Normen und Entscheidungsprozesse anderer Länder beeinflussen.
Weitere Informationen: Marita Skjuve et al., Unge og helseinformasjon, Tidsskrift for velferdsforskning (2025). Petter Bae Brandtzaeg et al., Artificial Intelligence Individualism, Oxford Crossroads: Artificial Intelligence and Society (2025).













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